#012 - Lanzarote

Tja und dann war es soweit. Ein kleines Abenteuer im Abenteuer sozusagen – ziemlich spontan und sozusagen aus einer Laune heraus hatte ich vor ein paar Wochen einen Flug nach Lanzarote gebucht, um jemanden zu besuchen, den ich im Surfcamp in Frankreich kennengelernt hatte. Damals dachte ich, es wäre eine super Idee – jetzt nach ein paar Wochen ohne regelmäßigen Kontakt war ich dann doch ein bisschen nervös. Außerdem würden es seit langem mal wieder ein paar tage ohne Chris sein und ehrlich gesagt war ich mir auf einmal gar nicht mehr so sicher, ob ich das überhaupt wollte. Naja. Zu spät, für kalte Füße, also ging es ganz früh morgens zum Flughafen in Porto und ein paar hundert Kilometer weiter südlich auf die Kanaren.

Und wie so oft, war die ganze Aufregung umsonst. Nach ein paar Stunden Flug und zappeligen Füßen, war die Begrüßung genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte: sweet and light, so als hätten wir uns gestern erst gesehen. Und einfach so, beginnt eine wunderschöne Woche auf einer Insel, die ich nie wirklich auf dem Schirm hatte und die mich dann komplett aus den Socken gehauen hat.

Lanzarote ist die östlichste Insel der Kanaren und sozusagen Afrikas direkter Nachbar. Schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug, haben mich 26 Grad und strahlender Sonnenschein begrüßt – das absolute Gegenteil zum kalten, nassen Porto und ganz nach meinem Geschmack. Ich war nämlich noch lange nicht bereit, den Sommer hinter mir zu lassen. Die gesamte Insel besteht aus rotem, schwarzem oder gelbem Vulkangestein und hat bis auf viele viele Kakteen und ein paar Palmen so gut wie kein Grün. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen trist, ist aber wirklich wunderschön und ganz anders, als alles, was man kennt. Mit runtergelassenem Fenster und José Gonzales in den Ohren, sind wir vom Flughafen in Arecife ca. eine halbe Stunde in den kleinen Fischerort La Santa gefahren. Charly’s zu Hause. Und meins für die nächsten 6 Tage. Und natürlich ging es für Carly dann erstmal surfen – und für mich auf die Zuschauerbank, denn die weltberühmte Quemao Welle direkt vor seiner Haustür ist dann doch eine Nummer zu groß für mich. Aber ganz ehrlich: es gibt Schlimmeres, als in der Sonne zu sitzen und einem Big Wave Surfer bei der „Arbeit“ zuzusehen. 

Ich wollte diesen Blogbeitrag eigentlich chronologisch und Tag für Tag erzählen, aber wenn ich so zurück denke, fällt mir auf, dass das vielleicht etwas den Rahmen sprengen würde. Ich habe in dieser einen Woche so viel erlebt, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Charly hat seine Rolle als Gastgeber perfekt gespielt und mir die komplette Insel gezeigt. An einem Tag sind wir mit der Fähre nach La Graciosa gefahren, eine kleine Insel nördlich von Lanzarote, und haben mit E-Bikes eine komplette Runde über SEHR holprige Straßen gedreht, wunderschöne, abgelegene Strände erkundet und im einzigen Ort der Insel im Hafenbecken geschnorchelt und einen Octopus entdeckt. An einem anderen Tag sind wir einfach ziellos mit dem Auto über die Insel gefahren, bis wir in einer Bucht Wellen entdeckt haben, die zwar für meine Verhältnisse immer noch groß, aber im Gegensatz zu den anderen Wellen rund um die Insel zu dem Zeitpunkt relativ kleine Wellen gefunden haben. Also hat Charly mir spontan sein Twin Fin in die Hand gedrückt und mich im wahrsten Sinne des Wortes in die Wellen geschubst. Zur Erinnerung oder Erklärung für alle Nicht-Surfer hier: ich surfe normalerweise riesengroße Single Fin Longboards mit über 2m Länge und ganz viel Volumen für optimalen Auftrieb – das Board, dass ich jetzt unterm Arm hatte, war weit unter 2m und so klein, dass ich gar nicht wusste, wir ich mich darauf positionieren sollte. Mir ist, salopp gesagt, der Arsch auf Grundeis gegangen. Noch dazu, weil die Welle an diesem Spot nicht schön sanft am Strand auf weichem Sand gebrochen ist, sondern über Vulkangestein und das kann ganz schön weh tun. Aber zum Glück hatte ich einen sehr guten Lehrer an meiner Seite und zu meiner (und wahrscheinlich auch seiner) Überraschung bin ich direkt die ersten Wellen gestanden. Vielleicht wird aus mir doch noch eine Short Boarderin.

Wieder einen anderen Tag haben wir nur faul am Strand gelegen und obwohl ich mich ernsthaft versucht habe zu weigern, wurde ich zum Beach Ball spielen überredet – es war nicht meine beste Performance. Dann gab es einen Tag, an dem wir uns wie richtige Touristen verhalten und die Lavahöhlen und den grünen See besichtigt haben. Wir sind wirklich jede Ecke der Insel abgefahren und irgendwie sieht es überall ein kleines bisschen anders aus. Der Nationalpark „Timanfaya“ war dabei fast meine Lieblingsstrecke mit dem Auto. Dieser Teil der Insel ist ziemlich neu (nämlich erst ungefähr 100 Jahre alt) und bei einem der letzten großen Vulkanausbrüche von Lanzarote entstanden. Hier sieht es wirklich aus, wie auf dem Mars. Zwischendurch haben wir immer wieder suuuper lecker und traditionell gegessen und sind durch die vielen kleinen Orte an der Küste geschlendert. Das Tolle und wahrscheinlich auch Einzigartige an Lanzarote ist, dass jedes einzelne Haus auf der ganzen Insel klein, weiß und meistens quadratisch ist. Anders als auf den Nachbarinseln Gran Canaria und Teneriffa, gibt es hier auch nirgends große Hotelanlagen oder Shopping Malls, denn als der Tourismus in den 80ern so richtig geboomt hat, gab es ein paar Inselbewohner, die sich mit allen Mitteln gegen solche drastischen Veränderungen auf ihrer Insel gewehrt haben. Und daraus entstand das bis heute geltende Gesetz der weißen kleinen Häuser. Alles ist so klein und irgendwie ursprünglich und hat mein Herz im Sturm erobert.

Die Tage auf Lanzarote waren irgendwie endlos lang und kurz zugleich. Mein Rhytmus hat sich in dieser Woche auch komplett verändert – und zwar im spanischen Sinne. Das, was man über die Länder und Leute im Süden sagt, kommt tatsächlich nicht von irgendwoher und gerade auf der Insel ist das Leben irgendwie noch ein bisschen langsamer: wir sind nicht ein einziges Mal vor 9:00 Uhr aufgestanden, bis man dann den ersten Kaffee und Frühstück intus hatte, war es nicht selten 11:00. Meistens haben wir dann noch ein bisschen gearbeitet und gegen 13:00 Uhr gingen die Abenteuer dann los. Mittagessen gegen 15:00/16:00 und dementsprechend haben wir abends auch oft erst gegen 21:00 angefangen zu kochen. Die Abende haben wir meistens zu Zweit verbracht – hier gibt es jetzt keine weiteren Details – obwohl es wirklich jeden Tag irgendwo irgendein Get Together oder eine Party oder eine Filmpremiere oder oder gegeben hätte. Die Leute auf Lanzarote sind irgendwie wie eine riesige Familie und stehen ständig (wirklich 24/7) miteinander in Kontakt, um sich über die Wellen an verschiedenen Spots auszutauschen oder sich sonst irgendwie mitzuteilen. Wirklich keine Ahnung, wie man so viel miteinander Kommunizieren kann 😀 Und ich meine das absolut im postitiven Sinne – auch wenn mein Spanisch ab einem gewissen Punkt echt nicht mehr ausgereicht hat und ich mich einfach damit zufrieden gegeben habe, die Momente ganz fest aufzusaugen und mich berieseln zu lassen.

Ich will ganz ehrlich sein: der Abschied fiel mir nicht leicht. Obwohl ich mich natürlich auch wie verrückt auf Chris und unser kleines zu Hause auf Rädern gefreut habe. Das Inselleben hat es mir wirklich angetan und ich bin mir ganz sicher, dass das nicht mein letzter Besuch auf Lanzarote war.

Stay salty,

Lea