#010 - Pais Vasco & Cantabria

Der 30. September – offiziell letzter Tag im Surfcamp, ein letztes Mal Frühstücksdienst und dann die Gäste verabschieden. Gegen Mittag ist das gesamte Camp wie ausgestorben. Und nicht nur die Surfcamps, auch der reguläre Campingplatz schließt an diesem Tag seine Tore für die Saison. Also mit ausgestorben meine ich wirklich ausgestorben. Die einzigen, die noch auf dem Gelände unterwegs sind, sind die übriggebliebenen Teamer und Surflehrer, die zum Teil noch zwei weitere Wochen für den Abbau des Camps bleiben. Nach einem kurzen finalen Ende-der-Saison Tanz mit dem Team zu asozial lauter Musik aus den Boxen, bei dem alle Emotionen rausgetanzt wurden, ist es auf einmal unglaublich Still im Camp.

Zeit zu gehen. Das Kapitel Surfcamp ist jetzt wirklich vorbei – Nordspanien und richtiges Vanlife warten.

Wir haben die ganze letzte Woche im Camp natürlich schon fleißig genutzt, um nochmal sämtliche Wäsche zu waschen, den Van von oben bis unten zu putzen und ein paar Vorräte aufzufüllen. Denn ich wusste: sobald alle Gäste weg sind, kann auch ich es kaum erwarten, endlich weiter zu fahren. Mit gemischten Gefühlen natürlich…der letzte endgültige Abschied von allen war nach all den Abschieden diesen Sommer nochmal besonders komisch und die ersten Kilometer entlang der inzwischen bekannten Strecke Richtung Hossegor und spanische Grenze von betretenem Schweigen begleitet. Unser erstes Ziel war eigentlich gar kein richtiges Ziel, sondern hauptsache Spanien. Und zwar weiter, als wir es bisher geschafft hatten also auf jeden Fall bis Zarautz. Als wir an unserem Stellplatz ankamen, war es bereits dunkel, aber der Vollmond hat das Meer wie verrückt zum Glitzern gebracht und zwischen den Eukalyptusbäumen schimmern lassen. Außer dem Rauschen der Wellen an den Klippen war absolut nichts zu hören und so konnten wir seit Langem mal wieder mit offenen Fenstern und Meeresrauschen im Ohr einschlafen 

Erst am nächsten Morgen (kein Wecker um 7:00, kein Frühstücksdienst – hatte ganz vergessen wie sich das anfühlt) konnten wir sehen, wo wir gelandet waren und ganz ehrlich: es hätte keinen besseren Ort für den ersten Tag back on the road geben können. Von unserem Platz auf den Klippen zwischen den Bäumen konnte man das Meer sehen und ein kleiner Trampelpfad führte bis nach unten ans Wasser. Noch leicht verschlafen mit Kaffee in der Hand sind wir nach unten spaziert und haben uns erstmal die Sonne ins Gesicht scheinen lassen und den Tag mit einem Sprung ins Meer gestartet – völlig ohne Zeitgefühl. Spanien, du bist jetzt schon wunderschön!

Von unserem traumhaften Stellplatz ging es erstmal weiter die Küste entlang auf der Suche nach einem Ort mit ausreichend gutem Internet zum Arbeiten – gar nicht so einfach. Gelandet sind wir dann in Mundaka, einem weltberühmten Ort zum Surfen, wo die wohl längste Linke Europas läuft und wo bei gutem Swell im Herbst und Winter 5-7m hohe Wellen reinrollen. Hier werden regelmäßig internatioale Competitions ausgetragen. Die Wellen in Mundaka zählen zu den steilsten und schnellsten der Welt und sind definitiv nichts für Anfänger. Als wir da waren, hat man davon allerdings nichts gesehen, denn an diesem Tag waren die Wellen super klein. Dafür haben wir den kleinen Fischerort einmal zu Fuß erkundet und es uns dann in einer kleinen Taverna mit Tapas und Bier gemütlich gemacht und ein bisschen gearbeitet.

Unser nächstes Ziel war Bilbao. So nach dem Motto „wenn wir schonmal hier sind…“ haben wir als erstes das Hafenviertel Portugalete angesteuert, wo wir die Nacht auf dem höchsten Punkt mit Aussicht über die gesamte Bucht verbracht haben. Vorher ging es aber noch zu Fuß runter in den Ort, um eine spanische SIM Karte für den mobilen Wlan Router zu besorgen und um die berühmte Puente de Vizcaya (die älteste Schwebefähre der Welt) zu besichtigen. Nach ein paar Tapas und 1-2 Gläsern Wein waren wir dann auch wieder bereit für den steilen Aufstieg und haben den Abend leicht beschwipst ausklingen lassen. Der nächste Tag: Sightseeing in Bilbao. Wobei man dazu sagen muss, dass es eigentlich gar nicht so viel zu sehen gibt außer dem Guggenheim Museum und der Altstadt. Das Wetter war eher grau und ab und zu ein bisschen regnerisch, aber der Ausflug mit ein bisschen Kultur hat sich trotzdem gelohnt. Wie auch immer – ich war wieder bereit fürs Surfen. Deshalb sind wir direkt am nächsten Morgen an einen der Surfstrände etwas außerhalb von Bilbao gefahren und ich bin erstmal für 2 Stunden im Wasser verschwunden und hatte nach langer Pause endlich mal wieder eine richtig tolle Session – obwohl mir die Wellen eigentlich etwas zu groß waren, hab ich mich aus meiner Komfortzone gewagt und tatsächlich ein paar gute Wellen erwischt. Vielleicht lag es an der langen Durststrecke seit dem letzten Surf, vielleicht aber auch daran, dass ich weit und breit das einzige Mädchen zwischen 20 spanischen Locals im Line Up war und ein bisschen Druck hatte. Wer weiß. 

Unser nächster Stopp hatte wieder nichts mit Surfen, dafür aber mit unglaublicher Natur und vielen vielen Stufen zu tun. Im kleinen (früher militärisch sehr bedeutsamen) Fischerort Santoña gibt es einen nur durch eine Wanderung oder per Wasserweg erreichbaren Leuchtturm, der in die Klippen hineingebaut ist und von dem aus ein paar Stufen zum Baden direkt ins Meer führen. Der Faro del Caballo (übersetzt „Pferedeleuchtturm“) war die Wanderung über 763 Stufen defintiv wert – ist allerdings nichts für Menschen mit Höhenangst, denn sowohl die Stufen als auch der Sprung von den Klippen am Ende des Weges ist ziemlich schwindelerregend. Trotzdem und vor allem in der Nebensaison ist der Stellplatz am Ausgangspunkt der Wanderung in dem Ort ein echter Geheimtipp: man steht super schön direkt am Meer und kann mit Wellenrauschen einschlafen.

Der nächste Stopp auf unserer Liste ist zwar schon lange kein Geheimtipp mehr, dafür aber kaum zu übertreffen mit…ja eigentlich allem. Der Playa de Gerra bei San Vicente de la Banquera ist unter Vanlifern und Surfern bekannt wie ein bunter Hund und dementsprechend voll war es auf dem Platz direkt an den Klippen mit unglaublich schöner Aussicht über die gesamte Länge des Strandes als wir ankamen. Von wegen Nebensaison. Das Grundstück gehört einem Bauern, der die Möglichkeit ergriffen hat und kurzerhand einen Teil seiner Felder für Vans, Camper und Gäste aus ganz Europa geöffnet hat. Für schlappe 10€/24h kann man hier in bester Gesellschaft stehen und auch ganz schnell versacken. Es gibt keinen einzigen geraden Stellplatz, weil das Feld direkt an einem Hang liegt, aber das stört hier wirklich niemanden. Entweder man ist top vorbereitet und hat Auffahrkeile dabei (ungefähr 99% aller Deutschen) oder man sucht sich unten am Strand einfach ein paar Steine und versucht sich mit 1 oder 2 Reifen irgendwie halbwegs gerade auf Steinhaufen zu platzieren (alle anderen Nationen und wir). Der Stoke ist förmlich in der Luft zu spüren – hierher kommt man wirklich nur, um möglichst 24 Stunden am Tag zu Surfen. Es gibt sogar Toiletten und eine Dusche und morgens gegen 10 Uhr kommt ein Bäckerwagen vorbei, der frisches Brot und Gebäck verkauft. Wirklich ein Traum! Unter anderen Umständen wären wir auch gerne noch länger geblieben, aber da wir bis zum 17. Oktober in Porto sein müssen (surprise, surprise) haben wir ein klitzekleines Bisschen Zeitdruck und wollen vorher vor allem Galizien noch in vollen Zügen genießen. Inzwischen sitze ich genau dort auch schon in der nächsten traumhaften Bucht und schreibe gerade mit Blick auf den Sonnenuntergang überm Meer. 

Stay tuned und stay salty,

Lea