#005 Die Côte d'Azur

…hat mir irgendwie mixed signals gesendet. Die Französische Riviera – der Inbegriff von Liebe, Lust und Leichtigkeit, Schauplatz prominenter Dramen, verbotener Affären und Wahlheimat von Picasso und anderen berühmten Künstlern seinerzeit. Und ganz ehrlich: ich kann verstehen, warum der Streifen an der französischen Mittelmeerküste zwischen Monaco und St. Tropez seit Jahrzehnten so einen Reiz auf die ganze Welt ausübt. Das Wasser ist wirklich azurblau, immer wieder gibt die Küstenstraße (die übrigens nicht weniger gewunden und eng ist, wie die im italienischen Pendant) die schönsten Blicke auf felsige Buchten und glitzerndes Wasser frei. Alle paar hundert Meter die nächsten Anwärter auf die Tour de France, die teilweise mit viel zu viel Schwung um die Kurven radeln (ein Wunder, dass uns keiner auf der Windschutzscheibe hängen geblieben ist). Die Orte entlang der Küste, mal abgesehen von den bekannten Städten wie Monaco, Nizza und Cannes, malerisch schön und vor allem: teuer.

Beim Überqueren der Grenze kurz vor Monaco wurden wir das erste Mal von der französischen Polizei aufgehalten, damit sie einen Blick in unsere Pässe und Vänilla werfen konnten – aber nachdem ich freundlichen französischen Smalltalk gehalten habe (wovon Franzosen und Französinnen im Allgemeinen immer sehr begeistert sind) haben sie uns direkt weiterfahren lassen. So absurd es auch klingt, aber direkt hinter der Grenze hat alles sofort irgendwie anders, irgendwie französischer ausgesehen. Die Grenzstadt Menton, die auch die „Zitronenstadt“ genannt wird, weil sie für den Anbau von Zitrusfrüchten bekannt ist, war irgendwie ein bisschen sauberer und ein bisschen weniger wuselig, wie die italienischen Ortschaften der Tage zuvor. Und das galt auch für den Verkehr. Im Vergleich zu den ItalienerInnen fahren die französischen Nachbarn ganz vorbildlich. Unser erstes Ziel war aber direkt die größte Stadt der Côte d’Azur: Nizza.

Auf dem Weg dorthin hatten wir einen unglaublichen Blick auf Monaco, wo es wirklich mehr Jachten als Häuser gibt, und nur eine knappe Stunde später waren wir bereits in Nizza. Da wir hier nur einen kurzen Stopp einlegen wollten und keinen Schlafplatz suchen mussten, fanden wir super schnell einen Parkplatz in der Nähe der Promenade. Ein kurzer Spaziergang über den Markt „Cours Saleya“ hat uns direkt in die Altstadt geführt, wo wir dann zufällig in ein total süßes, französisches Restaurant gepurzelt sind – also erstmal (für unsere Verhältnisse) dekadent Mittagessen. Währenddessen hat es dann tatsächlich angefangen zu regnen, also haben wir nur noch schnell den nächsten Handyladen gesucht, um uns Internet für unseren mobilen Wlan Router zu besorgen, und sind dann noch ein Stück weiter bis zu unserem ersten Stellplatz für die Nacht gefahren: im Künstlerort Antibes. Relativ schnell haben wir dann festgestellt, dass das Leben mit Van an der Côte d’Azur nicht ganz so einfach wird: fast überall an den Straßen (egal ob nah am Meer oder nicht) stehen Verbotsschilder für Wohnmobile und die meisten Parkplätze haben Höhenbeschränkungen bis 1,90m. Hier regiert ganz klar das Geld, Leben im Van ist anscheinend nicht en vogue. Aber nach einiger Suche haben wir uns so halb illegal an einem Strand wiedergefunden, an dem zwar das Parken mit Wohnmobilen verboten ist, aber streng genommen sind wir ja ein Transporter also no risk no fun. Nach der ganzen Fahrerei hatten wir dann noch ein bisschen Bewegungsdrang und sind eine Runde an der Promenade entlang und am „Fort Carré“ – einer Festung aus dem 16. Jhd und späteres Atelier von Picasso – gelaufen. Natürlich auch hier ein imposanter Jachthafen mit noch imposanteren Jachten.

Am nächsten Tag ging es dann direkt weiter nach St. Tropez, das ja streng genommen schon das Ende der berühmten Côte d’Azur kennzeichnet. Nach einiger Recherche und Routenplanung haben wir nämlich beschlossen, nicht zu viel Zeit an diesem Küstenabschnitt zu verbringen…die Anti-Camper-Haltung aus Antibes zieht sich nämlich anscheinend durch. Aber St. Tropez wollte ich dann doch irgendwie gesehen haben und es ist wirklich einen Besuch wert. Die kleinen engen Gassen sind super schön und erinnern mich ein bisschen an Mykonos und ein Spaziergang über den Jachthafen (den größten an dieser Küste wohlgemerkt) mit zur Schau Stellung purer Dekadenz – ich meine, wer parkt deinen Bentley AUF seiner Jacht?! – hat auch was. Ansonsten ist St. Tropez wirklich der Inbegriff von „Sehen und gesehen werden“ und irgendwie nicht so ganz mein Vibe.

Been there, done that. Die Croissant waren ausgezeichnet, der Kaffee grauenhaft.

Kurz hinter St. Tropez, in einem kleinen, touristischen Ort namens Cavalaire-sur-Mer, haben wir dann einen schönen, kostenlosen Platz in einem kleinen Waldstück mit nicht weit entferntem Zugang zum Meer gefunden und sind direkt 2 Nächte geblieben, um ein Bisschen zu arbeiten, am Strand zu Faulenzen und die alltäglichen Dinge des Vanlife zu erledigen: Waschsalon ausfindig machen, Wasser auffüllen, Einkaufen.

Unser nächster Stellplatz in Six-Fours-les-Plages hat dann aber wirklich alle „Enttäuschungen“ der letzten Tage wett gemacht: wieder kostenlos, in einem Pinienwald gelegen und diesmal nur ein paar Schritte (und eine etwas abenteuerliche Kletterung) von einer atemberaubend schönen Bucht mit klaren Wasser entfernt. Hier hatten wir das erste Mal, seit wir die Grenze zu Frankreich überquert haben, das Gefühl, richtig entspannen zu können. Und das haben wir dann auch mit 2 ausgiebigen Strandtagen, Sport und gutem selbstgekochtem Essen gemacht.

Stay salty,

Lea